VERFLECHTUNGEN

Die stoffliche Herangehensweise die man in KAREN SIMONS Arbeiten spürt kommt aus einer Liebe zum Räumlichen, Lebendigen, einsinken in eine andere Welt. Mit oft zarten, transparenten, aber auch kräftigen Farben malt sie unter anderem mit Tinte, Gouache und Acryl auf Canvas, manchmal Tüll. Ihre Inspiration findet sie häufig in Stimmungen der Natur, Orten und Gefühlen, dabei wird Gegenständliches nur angedeutet, bleibt fragmentarisch oder verschwimmt. Die aufgenähten, gestickten oder hängenden Fäden deuten Richtungen, Verbindungen, aber auch Verwicklungen an. Der Betrachter bekommt somit Impulse, ohne in seiner Betrachtungsweise eingeschränkt zu werden. Mit dieser Eröffnung neuer gedanklicher Gestaltungsräume gelingt es Simon, den Menschen anzusprechen, Emotionen, Träume oder eine Auseinandersetzung mit sich selbst zu evozieren. Nach der Betrachtung der Werke mit den losen, schwebenden, tanzenden Fäden wird man mit einem Gefühl entlassen, sich wieder mit sich selbst verbunden zu haben. 

Die Verflechtung zu SIMONE WESTPHALS Kunst liegt nahe, denn ihre Objekte (Figuren) sind ebenso stofflicher Natur, sie sind aus Wolle gefilzt.

Puppen, einst magisch aufgeladene Objekte für kultische und religiöse Rituale, Repräsentationsobjekte und Idole, sind seit Jahrtausenden ein Thema der Kultur- und Kunstgeschichte. Als kleine Erwachsene dienten sie als Vorbilder, erst später als Spielzeug und schließlich auch als Motiv der Kunst. Von den ersten Funden, 3000 Jahre alt, bis zu den Gliederpuppen der Surrealisten, den Schneiderpuppen der Neuen Sachlichkeit, den erotischen Fetischen Hans Bellmers, dem Barbie-Idol und schließlich dem Sex-Spielzeug der Pornoindustrie hat die Puppe als ein Spiegel- und Zerrbild der Zivilisation einen weiten Weg zurückgelegt. In dieser Tradition kann man Westphals Werke sehen, aber sie haben ihren Weg noch vor sich. Und sie sind keine Spielzeugpuppen, sie meinen es ernst. 

Von Jeanne d‘ Arc über Diane Arbus, von Niki de St. Phalle bis Hannah Arendt sind viele dabei – Heldinnen, Heilige, Pop Stars, Künstlerinnen, Philosophinnen. Alle unaufhaltsam und alle Kämpferinnen: Löwenfrauen. 

Aber nicht nur realistische Persönlichkeiten wurden von Westphal erschaffen, phantastische Wesen wie zum Beispiel Dogwomen entstanden durch die begabten Hände der Künstlerin. Ihre Inkarnation in weißem Filz (2023) trägt den Kopf eines zähnefletschenden Löwen auf weiblichem Körper in selbstbewusster Pose: in der Ikonographie antiker Mythologie, christlicher Symbolik und Heraldik ein Ausdruck von Mut, Stolz und Stärke. Westphals weiße Löwenfrau ist ein Mischwesen wie die ägyptischen Sphinxe, deren Tierkörper Pharaonenköpfe trugen. In der Umkehr wird die Figur zum Gegenbild einer Umkehr der Geschichte.

Textteile von Barbara Straka (Kunsthistorikerin)

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